Mark Twain in German-Language Newspapers and Periodicals

Die Schrecken der deutschen Sprache | 10 March 1896


Freie Presse für Texas. [volume] (San Antonio, Tex.), 10 March 1896. Chronicling America: Historic American Newspapers. Lib. of Congress. <https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn83045227/1896-03-10/ed-1/seq-1/>
TranscriptionEnglish Translation
Die Schrecken der deutschen SpracheThe horrors of the German language
Die „Berliner National Zeitung“ schreibt: Wenn Mark Twain die gestrigen Morgenzeitungen Berlins gelesen hätte, so würde er sicherlich seine helle Freude gehabt haben. Nach einer offiziellen Erklärung werden fortan keine Ernennungen zu „Torpedo-Obersteuermannsmaaten“ und „Torpedo-Obersteuermannsgasten“ vorgenommen werden. In dem sechsten Bande seiner kürzlich in einer neuen Ausgabe erschienenen Reisebilder „Unterwegs und Daheim“ behandelt Mark Twain in einem kurzen Kapitel „Die Schrecken der deutschen Sprache.“ In seiner kecken, rücktsichtslosen Weise und mit jener Uebertreibung, welche gerade den humoristischen Zug in seine Skizzen bringt, streift er auch das, was er die „sonderbarsten Erscheinungen“ der deutschen Sprache nennt, die Worte, welche so lang sind, daß sie gewissermaßen einen Schatten werfen und perspektivisch wirken, und er führt als Beispiel solcher Worte an: „Dilettantenaufdringlichkeit“, „Kleinkinderbewahranstalt“, „Wiederherstellungsbestrebungen“. Er nennt diese Worte „Alpenketten“, die sich stolz hinziehen über die Druckseite und die „literarische Landschaft derselben bedeutend verschönern“ ober, so fügt er hinzu, „für den Anfänger in der Sp[r]ache sind die Gebirge ein großes Hindernis, er kann weder unten durch, noch drüber hinweg, höchstens per Tunnel, wo einer ist.“ Lustig, wie der Artikel ist, macht er doch auf den Deutschen, der eben an die Eigenthümlichkeiten seiner Sprache gewöhnt ist, den Eindruck, daß der Verfasser mit großer Mühe und Noth sich eine Anzahl dieser endlosen Worte gesucht habe. Indessen, wenn man unter dem frischen Eindruck seiner Skizzen seine Tageszeitung zur Hand nimmt und sie gerade auf diese Dinge hin genau liest, wird man finden, daß er in Wahrheit nur allzu sehr recht hat. An einem einzigen Morgen habe ich in zwei Zeitungen so wundervolle Worte gefunden, wie „Kanalisationsröhrenbruch“, „Stellenvermittlungsbureau“ „Grundschaftsgesetzvorlage“, und das eben glücklich beseitigte „Torpedoobersteuermannsgasten“, dann aber ein Wort das neben seiner schrecklichen Anforderung an Auge und Sprachorgane auch für das Ohr geradezu beleidigend wirkt: „Untersuchungsunterhandlungen.“ Das Alphabet der deutschen Sprache hat 24 Buchstaben; bestünde ein Verbot, jeden Buchstaben mehr als einmal in jedem Worte anzubringen dann würde ein Anzahl von ihnen überhaupt nicht existiren können, denn fünf von den vorangeführten zusam mengesetzten Worten haben zwischen 25 bis 28 Buchstaben. Wer nicht viel liest, hat, auch wenn er nicht wie Mark Twain ein Ausländer, sondern ein geborener Deutscher ist, oft seine Schwierigkeit, mit der Silbenabtheilung fertig zu werden, wie es ja bei dem schönen Worte „Schiefebenbahn“ ja nicht selten vorkommt, daß der in Eisenbahndingen Unbewanderte es in „Schiefe-Bene-bahn“ zu theilen pflegt. Es sind Worte zu deren Zurücklegung man eigentlich Pferdebahnen braucht, mit verschiedenen Stations- und Erfrischungsstellen in der Mitte, Worte, die, wenn ein besonders geschickter Faktor in der Druckerei mit ihnen zu thun hat, von einem Bogen der Zeitung auf den anderen übergehen und somit einen Abgrund zwischen ihren einzelnen Theilen auf klaffen sehen.The “Berliner National Zeitung” writes: If Mark Twain had read yesterday's morning newspapers of Berlin, he would certainly have had his share of fun. According to an official statement, henceforth no appointments will be made to “Torpedo-Obersteuermannsmaaten” and “Torpedo-Obersteuermannsgasten.” In the sixth volume of his travelogues “Unterwegs und Daheim,” recently published in a new edition, Mark Twain discusses in a short chapter “The Horrors of the German Language.” In his jaunty, irreverent way, and with that exaggeration which just adds to the humor of his sketches, he also touches on what he calls the “strangest phenomena” of the German language, the words which are so long that they cast a shadow, as it were, and which seem to have a perspective of their own. He cites as examples of such words: “Dilettantenaufdringlichkeit”, “Kleinkinderbewahranstalt”, “Wiederherstellungsbestrebungen”. He calls these words “alpine ranges,” which stretch proudly across the printed page and “significantly embellish the literary landscape of it” or which, he adds, pose a great obstacle “for the beginner; he can neither pass under nor over them, only by tunnel where there is one.” Funny as the article is, to the German, who is used to the peculiarities of his language, it gives the impression that the author has searched for a number of these endless words with great effort and hardship. However, if one, under the fresh impression of his text, takes up a daily newspaper and reads it carefully just looking out for these things, one will find that Twain is in truth all too right. In one single morning I have found in two papers such wonderful words as “Kanalisationsröhrenbruch”, “Stellenvermittlungsbureau”, “Grundschaftsgesetzvorlage” and the just happily abolished “Torpedo obersteuermannsgasten”, and then a word which, besides its terrible demand on the eye and organs of speech, is downright insulting to the ear as well: “Untersuchungsunterhandlungen.” The alphabet of the German language has 24 letters; if there were a prohibition to use each letter more than once in each word, a number of these words would not exist at all, because five of the preceding compound words have between 25 and 28 letters. Those who don't read much, even if they are not foreigners like Mark Twain, but born Germans, often have difficulty with the division of syllables, as it is not uncommon with the beautiful word “Schiefebenbahn” that those unfamiliar with railroad matters tend to divide it into “Schiefe-Bene-bahn”. These are words for which one actually needs horse-drawn streetcars, with various stations and refreshment points in the middle, words that, when a particularly skilled factor in the printing shop has to deal with them, pass from one sheet of the newspaper to the other and thus see an abyss open up between their individual parts.
Soweit die „National-Zeitung.“ Wir kennen noch ein „schöneres“ deutsches Wort: - Straßeneisenbahngeleisereinigungsbeamter!So much for the “National-Zeitung”. We know another even more “beautiful” German word: Straßeneneisengeleisereinigungsbeamter!

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