Amerikanische Humoristen | 04 June 1887
Süd California Deutsche zeitung. [volume] (San Diego, Calif.), 04 June 1887. Chronicling America: Historic American Newspapers. Lib. of Congress. <https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn86064439/1887-06-04/ed-1/seq-6/>
This article discusses and compares the works of various American humorists. Only the passage abut Mark Twain, including an excerpt from "The Awful German Language", is transcribed below.
Transcription | English Translation |
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Amerikanische Humoristen. | American Humorists. |
(Von Ernst Otto Hopp.) | {(By Ernst Otto Hopp.)} |
Auf dem Neuen Kontinent konnte sich der Humor nur langsam entwickeln. Die Schwielenhand, welche den Urwald zu lichten, zu pflügen und zu hacken hatte, gab sich mit der Pflege der Blumen nicht viel ab, und der Puritanismus war von vornherein der Lebenslust und der Freude abhold. Der Methodismus, der später hereinbrach, die demokratische Religion der Massen, die keine Bildung gebrauchte und anerkannte, versengt die Felder des Geistes. Die beiden Jahrzehnte der dreißiger und vierziger Jahre waren für die Union die unerquicklichsten; allgemein hatte ein roher Ton Platz gegriffen, der Nutzen war das Idol der Häupter des Volkes und wurde als das goldene Kalb der großen Menge angesehen. Der große Rebellenkampf reinigte die Luft, obwohl er durchaus kein frischer, fröhlicher Krieg, sondern ein Trauerspiel voll Haß und Rache, ein beispielloses Würgen und Morden war. | {On the New Continent, humor was slow to develop. The calloused hand, which had to clear, plow and hoe the jungle, did not bother much with the care of flowers, and Puritanism was averse from the outset to the joy of life. Methodism, which came in later, the democratic religion of the masses, which did not use or recognize education, scorched the fields of the mind. The two decades of the thirties and forties were the most unedifying for the Union; in general a crude tone had taken hold, utility was the idol of the nation's leaders and was considered the golden calf of the great multitude. The great rebel struggle cleared the air, though it was by no means a fresh, merry war, but a tragedy full of hatred and revenge, an unprecedented strangling and killing.} |
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Der pathetische, oft unter Thränen lächelnde Humor Bret Hartes, dessen beste Zeit vorüber zu sein scheint, da die letzten Werke des Autors nicht mehr die frische Ursprünglichkeit der älteren zeigen, steht in einem großen Gegensatz zu der ausnehmend lustigen und stetig lachenden Muse Mark Twains. Samuel Clemens - das ist sein bürgerlicher Name - wird von Einigen, doch mit Unrecht, wie mir dünkt, überhaupt nicht für einen Dichter, sondern vielmehr für einen Spaßvogel und Lustigmacher gehalten; selbst wenn er ernsthaft zu sein vorgibt, hat er etwas ungemein Komisches, er weiß eine so rührende Naivetät anzunehmen, daß selbst das Absurde mit einer Ungezwungenheit und Ungekünsteltheit, die etwas Hinreißendes hat, von ihm vorgebracht wird. Wer seinen „Strolch auf Reisen“ lesen kann, ohne sich an den zahllosen Hyperbeln herzlich zu ergötzen, der hat überhaupt keinen Sinn für Humor, und wer im Ausland lange gelebt und erfahren hat, eine wie schwierige Sprache die deutsche ist - der in Deutschland Geborene, der nur in Deutschland gewesen ist, weiß es meistentheils gar nicht - der wird auch die Bemerkungen Twains über unsere Sprache nicht als gehässige auffassen. | {The pathos-laden and tearfully smiling humor of Bret Harte, whose best days seem to be over, since the author's last works no longer show the fresh originality of his earlier ones, stands in great contrast to the exquisitely funny and constantly laughing muse of Mark Twain. Samuel Clemens - that is his civil name - is considered by some, but wrongly, as I think, not a poet at all, but rather a jokester and merrymaker; even when he pretends to be serious, there is something immensely comic about him; he knows how to adopt such a touching naiveté that he puts forward even the absurd with such casual unaffectedness that there is something captivating about it. Anyone who can read his “Tramp Abroad” without being heartily amused by the countless hyperboles has no sense of humor at all, and anyone who has lived abroad for a long time and has experienced how difficult the German language is - something those who are born in Germany and who have only ever been to Germany usually do not know at all - will not take Twain's remarks about our language as malicious.} |
„Einige deutsche Worte sind so lang, daß sie eine Perspektive haben. Man beachte diese Beispiele: Freundschaftsbezeigungen - Dilettantenaufdringlichkeiten - Stadtverordnetenversammlungen - das sind keine Worte, es sind alphabetischen Processionen. Und sie sind nicht selten; man kann zu irgend welcher Zeit eine deutsche Zeitung öffnen und sie majestätisch über die Seite marschiren sehen - und wenn man etwas Einbildungskraft besitzt, kann man auch die Banner sehen und die Musik hören. Ich nehme großes Interesse an diesen Seltsamkeiten. Immer wenn ich auf eine gute stoße, stopfe ich sie aus und stelle sie in mein Museum. Auf diese Weise habe ich mir eine ganz werthvolle Sammlung angelegt. Wenn ich Duplikate erhalte, tausche ich sie mit anderen Sammlungen aus und vermehre solchermaßen die Abwechslungung [sic] meines Inventariums. Hier sind etliche Beweisstücke, die ich kürzlich auf einer Auktion eines Curiositätensammlers gekauft habe: Generalstaatsverordnetenversammlung - Alterthumswissenschaften - Kinderbewahrungsanstalten - Unabhängigkeitserklärungen - Widerherstellungsbestrebungen - Waffenstillstandsverhandlungen.“ | “Some German words are so long that they have a perspective. Observe these examples: Freundschaftsbezeigungen. Dilettantenaufdringlichkeiten. Stadtverordnetenversammlungen. These things are not words, they are alphabetical processions. And they are not rare; one can open a German newspaper at any time and see them marching majestically across the page - and if he has any imagination he can see the banners and hear the music, too. <They impart a martial thrill to the meekest subject.> I take a great interest in these curiosities. Whenever I come across a good one, I stuff it and put it in my museum. In this way I have made quite a valuable collection. When I get duplicates, I exchange with other collectors, and thus increase the variety of my stock. Here are some specimens which I lately bought at an auction sale of the effects of a <bankrupt> bric-a-brac hunter: Generalstaatsverordnetenversammlungen. Alterthumswissenschaften. Kinderbewahrungsanstalten. Unabhängigkeitserklärungen. Wiedererstellungbestrebungen. Waffenstillstandsunterhandlungen ["Waffenstillstandsverhandlungen"].” |
Das sind in der That lange Worte, es gibt sogar noch schlimmere; und Mark Twains geringe Sprachkenntniß und oberflächliche Bildung verleiten ihn zu schiefen Urtheilen, die indeß nichts besonderes Feindliches vorstellen. Die meisten Amerikaner haben gar wunderliche Vorstellungen vom deutschen Leben, sie kennen sehr selten etwas von deutscher Geschichte und Kulturgeschichte und legen gewöhnlich einen Maßstab an, der nicht paßt - die englisch amerikanische[n] Vorstellungen über die Lebenskunst sind so gar dürftig! Es ist natürlich auch wieder eine Uebertreibung, wenn Twain sagt, englisch könne man in 30 Stunden, französisch in 30 Tagen und deutsch in 30 Jahren lernen, aber ganz richtig ist es, daß unsere deutsche Sprache bei Weitem für die schwerste gehalten werden muß. | {These are indeed long words, there are even worse ones; and Mark Twain's poor knowledge of the language and superficial education lead him to make skewed judgments, which, however, present nothing particularly hostile. Most Americans have very strange ideas about German life, they very seldom know anything about German history and cultural history and usually apply a standard that does not fit - the English-American ideas about the art of living are so very poor! It is, of course, again an exaggeration when Twain says that English can be learned in 30 hours, French in 30 days and German in 30 years, but it is quite true that our German language must be considered by far the most difficult.} |
Ist Mark Twain scharf und lustig, rauh und zu weit ausgesponnen, wenig pathetisch und paradox, dabei aber oft erquickend wahr, frisch und originell-amerikanisch, so erscheint Thomas Bailey Aldrich, der im Ausland weniger bekannt geworden ist, künstlerisch weit vollendeter, fein und liebenswürdig und nicht selten so tief empfindend, wie kaum ein Amerikaner vor und nach ihm. | {If Mark Twain is sharp and funny, rough and excessive, with little pathos or paradox, but at the same time often delightfully true, fresh and originally American, Thomas Bailey Aldrich, who is less known abroad, appears artistically far more accomplished, refined and amiable, and not infrequently so deeply sensitive, as hardly any American before or after him.} |
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