In seiner Biographie, die gegenwärtig in der „North American Review“ veröffentlicht wird, erzählt Mark Twain eine merkwürdige Geschichte von seinem ersten und einzigen Zusammentreffen mit Kaiser Wilhelm den Zweiten; da man bei uns von einem solchen Zusammentreffen bisher nichts gewußt hat, dürfte es sich auch hier vielleicht um einen der bekannten „Scherze“ des amerikanischen Humoristen handeln. Als Scherz wäre die Geschichte zwar recht plump, aber nach erzählt soll sie doch werden. Mark Twain beginnt mit der bekannten Anekdote von jenem Ehemann, dem ein Freund einmal wegen seines Verhaltens in der Ehe heftige Vorwürfe machte: „Es ist eine Schandel“ sagte der Freund. „Vierzehn Tage lang hast Du zu Deiner Frau kein Wort gesprochen. Was kannst Du zu Deiner Entschuldigung anführen?“ - „Ich wollte sie nicht unterbrechen“, erwiderte der Ehemann geknickt. Mark Twain erzählt nun, wie er bei seiner Ankunft in Berlin vom Kaiser eine Einladung zum Essen erhalten habe, eine Einladung, die sich wie ein Befehl ausgenommen habe. Er sei trotzdem hingegangen und habe gefunden, daß Kaiser Wilhelm ihm in zwei Dingen gleiche: er spreche sehr correkt Englisch und pflege bei Tisch die Unterhaltung allein zu führen. Der Kaiser habe fortwährend gesprochen und sich fast keinmal unterbrechen lassen, hin und wieder nur richtete er an einen seiner Tischgäste eine Frage, und der Gast beeilte sich, respektvoll zu antworten; wenn er sich seiner Antwort entledigt hatte, sah er aus wie ein Mensch, dem ein Stein vom Herzen gefagen war. Mark Twain erklärt offen, daß auch er kein Vergnügen daran finde, lange still zu sitzen er müsse daher dem Kaiser das Recht zuerkennen, in seinem Hause allein das Wort zu führen wenn aber der Kaiser einmal nach Amerika kommen und von ihm eine Einladung zum Essen annehmen sollte, werde er ihn bei Tisch dieselbe stumme Rolle spielen lassen, die er - Mark Twain - in Berlin habe spielen müssen. Am meisten überrascht aber habe es ihn, daß er bei seiner Rückkehr nach Amerika ein Schreiben vorfand, in welchem der Kaiser in gefragt habe, weshalb er denn bei Tisch so wenig gesprochen hätte. „Ja, mein Gott!“ ruft Mark Twain mit komischem Staunen aus, „wenn „Er“ immer allein spricht..!“ | In his biography, which is at present published in the “North American Review”, Mark Twain tells a strange story of his first and only meeting with Emperor Wilhelm the Second; since we did not know anything about such a meeting up until now, it might be one of the well-known “jokes” of the American humorist. As a joke, the story would be rather clumsy, but it should be retold nonetheless. Mark Twain begins with the well-known anecdote of the husband who was once strongly reproached by a friend for his behavior in marriage: “It's a shame” said the friend. “For fourteen days you have not spoken a word to your wife. What can you give as your excuse?” - “I did not mean to interrupt her”, replied the husband dejectedly. Mark Twain now goes on to tell how, on his arrival in Berlin, he received an invitation to dinner from the emperor, an invitation that felt like an order. He went anyway and found that the emperor resembled him in two things: he spoke very correct English and he was used to conduct the conversation at the table alone. The emperor spoke continuously and almost never allowed himself to be interrupted; only now and then he addressed a question to one of his dinner guests, and the guest would hurry to answer respectfully. When he had disposed of his answer, he would look like a man who had a load lifted off his mind. Mark Twain openly declared that he, too, found no pleasure in sitting still for long periods of time, and that he therefore had to grant the emperor the right to speak freely in his own house, but if the emperor should ever come to America and accept an invitation to dinner from him, he would let him play the same silent role at the table that he - Mark Twain - had had to play in Berlin. What surprised him most was that on his return to America he found a letter in which the emperor asked him why he had spoken so little at the table. “My God!” exclaimed Mark Twain with comic amazement, “if “He” is always speaking alone...!” |