Zwei kleine Geschichten | 03 Jan. 1904
Der Deutsche correspondent. [volume] (Baltimore, Md.), 03 Jan. 1904. Chronicling America: Historic American Newspapers. Lib. of Congress. <https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn83045081/1904-01-03/ed-1/seq-8/>
The following article is a heavily altered version of Mark Twain's short story "Two Little Tales" which was first published in The Century Magazine in 1901 (63:1, 24-32). The translation is described as being "authorized"; the translator is not named. In the second tale, the entire setting as well as character names are changed.
Transcription | English Translation |
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Zwei kleine Geschichten | Two little tales |
Neue Erzählung von Mark Twain in genehmigter Uebertragung. | New story by Mark Twain in authorized translation. |
Erste Geschichte. | First tale. |
Der Mann mit einer Mittheilung an den Generaldirektor. | The man with a message for the Director-General. |
Im zweiten Monat des Jahres 19** besuchte mich eines Nachmittags ein Freund hier in London. Wir sind beide in dem Alter, wo Männer, wenn sie ihre Pfeife rauchen und sich etwas erzählen, weniger von den Annehmlichkeiten des Lebens sprechen, als von seinen Widerwärtigkeiten, und allmählich fing mein Freund an, auf das Kriegsministerium zu schimpfen. | In the second month of the year 19** a friend visited me here in London one afternoon. We are both of that age when men, smoking their pipes and chatting, talk less of the comforts of life than of its exasperations, and gradually my friend began to rant about the War Office. |
Es stellte sich heraus, daß ein Freund von ihm etwas erfunden hatte, was für die Soldaten in Südafrika von großem Nutzen gewesen wäre. Es war ein leichter, sehr billiger Stiefel, der vollständig wasserdicht war und bei Regenwetter seine Form und Festigkeit behielt. Der Erfinder wünschte die Aufmerksamkeit der Regierung hierauf zu lenken, aber er war ein unbekannter Mann und wußte, daß die hohen Beamten einer Mittheilung von ihm keine Beachtung schenken würden. | It turned out that a friend of his had invented something that would have been of great use to the soldiers in South Africa. It was a lightweight, very cheap boot that was completely waterproof and kept its shape and strength in rainy weather. The inventor wanted to get the attention of the government on the new invention, but he was an unknown man and realised that the high officials would pay no attention to a message from him. |
„Das beweist, daß Ihr Freund ein Esel war ... wie wir's ja alle sind,“ sagte ich unterbrechend. „Doch erzählen Sie nur weiter!“ | “That proves that your friend was an ass ... as we all are,” I interrupted. “But go on with your story!” |
„Aber wie kommen Sie zu dieser Bemerkung? Der Mann sprach die Wahrheit.“ | “But what makes you say that? The man spoke the truth.” |
„Der Mann hat gelogen. Machen Sie nur weiter.“ | “The man lied. Go ahead.” |
„lch will Ihnen beweisen, daß er ..“ | “I want to prove to you that he ...” |
„Sie können gar nichts beweisen. Ich bin sehr alt und sehr weise. Sie müssen nicht mit mir rechten wollen; das ist unehrerbietig und beleidigend. Fahren Sie, bitte, fort.“ | “You can’t prove anything. I am very old and very wise. You must not argue with me; that is disrespectful and insulting. Please continue.” |
„Nun gut, Sie werden ja sogleich sehen. Ich bin nicht unbekannt, und doch war selbst ich nicht imstande, die Mittheilung meines Freundes beim Generaldirektor des Schuhlederdepartements anzubringen.“ | “Very well, you’ll understand in a moment. I am not unknown, and yet even I was unable to bring my friend’s message to the attention of the Director-General of the shoe leather department.” |
„Das ist wieder eine Lüge. Erzählen Sie nur weiter.“ | “That’s another lie. Go ahead and continue the story.” |
„Aber ich versichere Sie auf Ehrenwort, daß es mir nicht gelang.“ | “But I assure you - on my honor - that I did not succeed.” |
„O gewiß. Das wußte ich. Sie brauchten mir das gar nicht zu sagen.“ | “Oh, of course. I knew that. You didn’t have to tell me.” |
„Ja, worin besteht denn dann die Lüge?“ | “Yes, then where is the lie?” |
„Die Lüge liegt in Ihrer Behauptung, daß Sie nicht imstande waren, die sofortige Aufmerksamkeit des Generaldirektors auf die Mittheilung Ihres Freundes zu lenken. Das ist eine Lüge; denn Sie hätten seine sofortige Aufmerksamkeit für die Sache erreichen können.“ | “The lie is your assertion that you were unable to draw the Director General’s immediate attention to your friend’s message. That is a lie, because you could have gotten his immediate attention to the matter.” |
„Ich sage Ihnen aber doch, daß ich's nicht konnte. In Zeit von drei Monaten ist es mir nicht gelungen.“ | “But I’m telling you that I couldn’t do it. I didn’t succeed in three months.” |
„Ohne Zweifel. Das brauchten Sie mir gar nicht zu erzählen. Aber Sie hätten sofortige Beachtung gefunden, wenn Sie es auf eine vernünftige Weise angegriffen hätten; ebenso hätte es Ihr Freund können.“ | “Without a doubt. You didn’t need to tell me that. But you would have gotten immediate attention if you had gone about it in a reasonable way; your friend could have done the same.” |
„Ich habe es auf eine vernünftige Weise angegriffen.“ | “I did go about it in a reasonable way.” |
„Das haben Sie nicht.“ | “You didn’t.” |
„Was wissen denn Sie? Was wissen Sie denn über die näheren Umstände:“ | “How would you know? What do you know about the circumstances?” |
„Ueber die weiß ich rein garnichts. Aber Sie haben die Sache nicht auf vernünftige Weise angefangen, soviel ist sicher.“ | “I don’t know anything about them. But you didn’t start this thing in a sensible way, that’s for sure.” |
„Wie können Sie das behaupten, wenn Sie nicht wissen, welche Methode ich anwandte?“ | “How can you say that if you don’t know what method I used?” |
„Das sagt mir der Erfolg Ihrer Methode; der ist mir Beweis genug. Sie sind unvernünftig vorgegangen. Ich bin sehr alt und sehr w. ..“ | “The results of your method tell me everything; that’s proof enough for me. You have been unreasonable. I am very old and very w. …” |
„Ja, ja, das weiß ich. Aber darf ich Ihnen erzählen, wie ich zu Werke ging? Ich glaube, das wird entscheiden, ob es unvernünftig war oder nicht.“ | “Yes, yes, I know that. But can I tell you how I went about it? I think that will decide whether it was unreasonable or not.” |
„Nein; das ist schon entschieden. Aber wenn Ihnen so sehr daran liegt, sich zu blamiren. so erzählen Sie die Geschichte nur. Ich bin sehr alt ….“ | “No; that’s already decided. But if you’re so keen to make a fool of yourself, go ahead and tell the story. I am very old ....” |
„Ja, gewiß, gewiß. Ich setzte mich hin und schrieb einen sehr höflichen Brief an den Generaldirektor des Schuhlederdepartements, worin ich ihm auseinanders …“ | “Yes, of course, of course. I sat down and wrote a very polite letter to the Director-General of the shoe leather department, telling him …” |
„Kennen Sie ihn persönlich?“ | “Do you know him personally?” |
„Nein.“ | “No.” |
„Giebt einen Punkt auf meiner Seite. Sie haben unvernünftig angefangen. Bitte weiter.“ | “One point scored for me. You started unreasonably. Please continue.” |
„In dem Brief legte ich den großen Werth und die große Billigkeit der Erfindung dar und bot mich an …“ | “In the letter I explained the great value and the great cheapness of the invention and offered myself ...” |
„Ihm einen Besuch zu machen? Natürlich! Ein zweiter Punkt gegen Sie. Ich bin …“ | “To pay him a visit? Of course! A second point against you. I’m …” |
„Drei Tage lang blieb ich ohne Antwort.“ | “For three days I did not receive an answer.” |
„Na, das ist doch klar. Nur weiter.“ | “Well, that’s to be expected. Go on.” |
„Dann schrieb er mir drei elende Zeilen, dankte für meine Mühe und ließ sich …“ | “Then he wrote me three miserable lines, thanked me for my efforts and did …” |
„Auf nichts ein.“ | “Did not agree to anything.” |
„Ganz richtig; er ließ sich auf gar nichts ein. Dann schrieb ich ihm einen sorgsam ausgearbeiteten Brief und …“ | “That’s right; he did not agree to anything. Then I wrote him another carefully worded letter and ...” |
„Punkt drei.“ | “Point three.” |
„... bekam überhaupt keine Antwort. Nach Ablauf einer Woche bat ich dann schriftlich mit einem Anflug von Grobheit um Antwort auf den Brief.“ | “... received no reply at all. After a week, I asked for a reply to my letter in writing - and got a touch rude about it.” |
„Vier. Weiter!“ | “Four. Go on!” |
„Darauf kam Antwort, der fragliche Brief sei nicht angekommen, und man bitte um eine Abschrift desselben. Ich reklamirte bei der Post, und es stellte sich heraus, daß der Brief thatsächlich doch angekommen war; aber ich sagte nichts und schickte eine Abschrift ab. Zwei Wochen verstrichen ohne weitere Nachricht für mich. Inzwischen hatte ich mich wieder abgekühlt bis zur richtigen Temperatur für höfliche Briefe. Ich schrieb abermals und erbot mich, am folgenden Tage persönliche Rücksprache zu nehmen. Ich sagte, wenn ich keine Nachricht erhielte, so nähme ich das als stillschweigende Einwilligung.“ | “The reply was that the letter in question had not arrived and a copy of it was required to proceed. I complained with the post office, and it turned out that the letter had in fact arrived; but I said nothing and sent off the copy. Two weeks passed without any further news for me. In the meantime I had cooled down a little and was again able to converse politely. I wrote again and offered to contact the Director-General personally the following day. I said that if I didn’t receive any news, I would take that as a positive response on his part.” |
„Fünfter Punkt für mich.“ | “Fifth point for me.” |
„Um zwölf Uhr erschien ich und bekam einen Stuhl angeboten mit der Weisung, zu warten. Ich wartete bis halb zwei; dann ging ich weg, ärgerlich und beschämt. Ich wartete wieder eine Woche, um mich abzukühlen; dann bat ich um ein Audienz für den nächsten Mittag.“ | “I turned up at twelve o’clock and was offered a chair and told to wait. I waited until half past one; then I left, angry and ashamed. I waited another week to cool off; then I requested an audience for the next day at noon.” |
„Punkt sechs.“ | “Point six.” |
„Er antwortete zustimmend. Ich kam pünktlich und hielt bis halb drei einen Stuhl warm. Dann ging ich fort und schüttelte den Staub dieses Direktorialgebäudes für immer von meinen Schuhen. Was Grobheit, Unfähigkeit, Gleichgültigkeit gegenüber den Interessen der Armee anbelangt, so ist der Generaldirektor des Schuhlederdepartements nach meiner Auf ….“ | “He replied in the affirmative. I arrived on time and kept a chair warm until half past two. Then I went away and shook the dust of that directorate building off my shoes forever. As far as rudeness, incompetence, indifference to the interests of the army are concerned, the Director-General of the Shoe Leather Department is truly ....” |
„Still! Ich bin sehr alt und sehr weise und habe viele anscheinend gescheidte Leute gesehen, die nicht genug gesunden Menschenverstand hatten, um eine so einfache und leichte Sache wie diese richtig anzufassen. Sie sind für mich nichts Neues; ich habe persönlich Millionen und Billionen von Menschen gekannt wie Sie. Sie haben ganz unnöthig drei Monate Zeit verloren ; der Erfinder hat drei Monate verloren, die Soldaten haben drei Monate verloren - macht zusammen neun Monate. Jetzt will ich Ihnen eine kleine Geschichte vorlesen, die ich gestern Nacht geschrieben habe. Dann mögen Sie morgen Mittag beim Generaldirektor vorsprechen und Ihre Sache durchführen.“ | “Hush! I am very old and very wise and have seen many seemingly clever people who did not have enough common sense to handle such a simple and easy thing as this properly. This is nothing new to me; I have personally known millions and trillions of people like you. You have lost three months’ time quite unnecessarily; the inventor has lost three months, the soldiers have lost three months – that makes nine months altogether. Now I will read you a little story I wrote last night. Then you may appear before the Director-General tomorrow at noon and do your thing.” |
„Famos! Kennen Sie ihn?“ | “Splendid! Do you know him?” |
„Nein: aber hören Sie jetzt meine Geschichte.“ | “No: but listen to my story now.” |
Zweite Geschichte. | Second tale. |
Wie sich der Kesselflicker beim Sultan Gehör verschaffte. | How the tinker made himself heard by the Sultan. |
Der Sommer war gekommen, und die Starken gingen gebeugt unter der Last der furchtbaren Hitze, und viele von den Schwachen waren zusammen gebrochen und starben. Im Heer wüthete eine Ruhrseuche, die Geißel des Krieges, und Hilfe war keine zu erwarten. Die Aerzte waren in Verzweiflung ; der Erfolg ihrer Wissenschaft und ihrer Arzneien - er war immer recht zweifelhaft gewesen - gehörte der Vergangenheit an und zwar endgiltig, wie es schien. | Summer had come, and the strong were walking bent under the weight of the terrible heat, and many of the weak had collapsed and died. An epidemic of dysentery, the scourge of war, was raging in the army, and no help was to be expected. The doctors were in despair; the success of their science and their medicines – which had always been quite doubtful anyway – seemed a thing of the past, and that for good. |
Der Sultan befahl den berühmtesten Aerzten, zu einer Berathung vor ihm zu erscheinen, denn er befand sich in großer Sorge. Er war sehr streng mit ihnen und sagte, sie seien dafür verantwortlich, daß sie seine Soldaten sterben ließen, und fragte sie, ob sie ihr Geschäft verständen oder nicht, und ob sie wirkliche Helfer seien oder bloße Massenmörder. Der Ober-Massenmörder, der zugleich der älteste Arzt im Reiche war und von äußerst ehrwürdiger Erscheinung, antwortete darauf und sagte: | The Sultan ordered the most famous doctors to appear before him for a consultation, for he was very worried. He was very strict with them and said that they were responsible for letting his soldiers die, and asked them whether they knew their business or not, and whether they were real helpers or mere mass murderers. The chief mass murderer, who was also the oldest doctor in the kingdom and of most venerable appearance, answered and said: |
„O Herr und Gebieter! Wir haben gethan, was wir konnten, und deshalb ist es nur wenig. Keine Arznei und kein Arzt kann diese Krankheit heilen; nur eine gute Konstitution und die Natur vermögen das. Ich bin alt, und ich weiß es. Kein Arzt und keine Arznei können sie heilen, ich wiederhole und betone es. Manchmal scheint es zwar, als ob sie der Natur ein wenig Helfen würden - ein ganz klein wenig - aber in der Regel schaden sie bloß.“ | “O Lord and master! We have done what we could, which is but little. No medicine and no doctor can cure this disease; only a good constitution and nature can. I am old and I know it. No doctor and no medicine can cure it, I repeat and emphasize this. Sometimes it seems as if they help nature along a little – very little – but as a rule they only do harm.” |
Der Sultan war ein jähzorniger und leidenschaftlicher Mensch und überschüttete die Aerzte mit rauhen und häßlichen Worten und trieb sie von seinem Angesicht. Am nächsten Tage wurde er selbst von der grausamen Krankheit erfaßt. Die Schreckensnachricht flog von Mund zu Mund und brachte Bestürzung über das ganze weite Reich. Es wurde von nichts anderem gesprochen, als von dem betrübenden Unglück, und alle Gemüther waren niedergedrückt, denn nur wenige hatten Hoffnung. Der Sultan selbst war sehr traurig und sagte: | The Sultan was a hot-tempered and passionate man and showered the doctors with harsh and ugly words and drove them from his presence. The next day he himself was seized by the cruel disease. The terrible news spread from mouth to mouth and caused consternation throughout the entire empire. Nothing else was spoken of but the distressing misfortune, and all minds were depressed, for only a few had hope. The Sultan himself was very sad and said: |
„Der Wille Allahs geschehe! Ruft mir die Massenmörder wieder; ich will mich drein fügen.“ | “The will of Allah be done! Call the mass murderers back to me; I will submit.” |
Sie kamen und fühlten seinen Puls und besahen seine Zunge und holten ihren Arzneivorrath, den sie in ihn einleerten. Dann setzten sie sich gelduldig nieder und warteten, denn sie wurden nicht für den einzelnen Fall bezahlt, sondern erhielten ein jährliches Gehalt. | They came and felt his pulse and examined his tongue and fetched their supply of medicine, which they emptied into him. Then they sat down patiently and waited, for they were not paid for each individual case, but received an annual salary. |
Achmet war ein gescheidter Bursche von sechzehn Jahren, aber er gehörte nicht zur Gesellschaft: dazu war sein Rang zu niedrig und seine Beschäftigung zu gemein. Ja, es war überhaupt die niedrigste aller Beschäftigungen, denn er war bloß der Gehilfe seines Vaters, welcher Kothgruben leerte und Nachts in einem Karren den Straßenkehricht wegschaffte. Achmets bester Freund war Ali, der Kesselflicker, ein schmächtiger kleiner Kerl von vierzehn Jahren, ehrlich, fleißig und brav, denn er unterstützte seine bettlägerige Mutter mit seiner Hände Arbeit. | Achmet was a smart boy of sixteen, but he did not belong to high society: his rank was too low and his occupation too mean for that. Indeed, it was the lowest of all occupations, for he was merely his father’s assistant, who emptied manure ditches and took away the street garbage in a cart at night. Achmet’s best friend was Ali, the tinker, a slight lad of fourteen, honest, hard-working and well-behaved, because he supported his bedridden mother with his labor. |
Ungefähr einen Monat nachdem der Sultan erkrankt war, begegneten sich diese zwei Burschen eines Abends so gegen neun Uhr. Achmet war auf dem Wege zu seiner Nachtarbeit und natürlich nicht in seinen Festtagskleidern, sondern in seinem schmutzigen Arbeitsanzug, und roch nicht eben nach Rosenwasser. Ali war auf dem Heimwege zu seiner Mutter, mit rußigem Gesicht und rußigen Händen: er hatte seinen Löthofen bei sich und Löthkolben nebst Hammer und Blechscheere. | About a month after the Sultan fell ill, these two lads met one evening around nine o’clock. Achmet was on his way to his nightly work, not in his good clothes of course, but in his dirty work clothes, and didn’t exactly smell of rosewater. Ali was on his way home to his mother, with a sooty face and sooty hands: he had his soldering oven and soldering iron with him, along with a hammer and tin snips. |
Sie hockten sich nieder und schwätzten und sprachen natürlich über das Unglück des Reiches und die Krankheit des Sultans. Niemand sprach von etwas anderem. Ali aber trug sich mit einem großen Plan und brannte darauf, ihn seinem Freund mitzutheilen. Er sprach: | The boys sat down and chatted and of course talked about the misfortune of the empire and the Sultan’s illness. No one spoke of anything else. Ali, however, had come up with a great plan and was eager to share it with his friend. He said: |
„Achmet, ich kann den Sultan heilen. Ich weiß wie.“ | “Achmet, I can heal the sultan. I know how.” |
Achmet war überrascht. „Was? Du?“ | Achmet was surprised. “What? You?” |
„Ja, ich!“ | “Yes, me!” |
„Du Narr, die besten Aerzte können es ja nicht.“ | “You fool, the best doctors can’t do it.” |
„Ist mir einerlei; ich kann's. In fünfzehn Minuten kann ich ihn heilen.“ | “I don’t care; I can do it. I can heal him in fifteen minutes.” |
Alis Miene war so ernst, daß Achmet an keinen Spaß glauben konnte. Deshalb sagte er: „Ich glaube, dir ist es ernst, Ali. Kannst du wirklich den Sultan heilen?“ | Ali’s expression was so serious that Achmet couldn’t believe he was joking. So he said: “I think you’re serious, Ali. Can you really heal the sultan?” |
„Ich gebe dir mein Wort darauf.“ | “I give you my word on that.” |
„Sage mir doch: wie willst du ihn denn heilen?“ | “Tell me: how are you going to heal him?” |
„Ich will ihm sagen, er soll eine Schnitte von einer reifen Wassermelone essen.“ | “I will tell him to eat a slice of a ripe watermelon.” |
Das kam Achmet ziemlich unvermuthet, und er lachte laut auf über die Thorheit dieses Gedankens, ehe er noch an sich halten konnte. Aber sein Lachen verstummte plötzlich, als er sah, daß er Ali damit kränkte. Er schlug ihm begütigend aufs Knie und sagte: | This was quite unexpected for Achmet and he laughed out loud at the foolishness of the idea before he could stop himself. But his laughter died away suddenly when he saw that he was offending Ali. He slapped his friend on the knee amicably and said: |
„Es thut mir so leid, daß ich gelacht habe, Ali; es war gewiß nicht bös gemeint, und ich will's nicht wieder thun. Weißt du. es erschien mir so furchtbar spaßig, denn überall, wo ein Soldatenlager ist und die Ruhr, da pflanzen die Aerzte ein Zeichen auf, welches besagt, daß Jedermann, den man hier mit einer Wassermelone antrifft, mit der neunschwänzigen Katze zu Tode gepeitscht wird.“ | “I’m so sorry I laughed, Ali; I certainly didn’t mean any harm, and I won’t do it again. You know, it seemed so terribly funny to me, because wherever there’s a camp of soldiers where there’s dysentery going around, the doctors put up a sign, which says that anyone who is found with a watermelon will be whipped to death.” |
„Ich weiß, diese Narren! Ali hatte Thränen und Aerger in der Stimme. „Es giebt so viele Wassermelonen, und nicht ein einziger von all den Soldaten hätte es nöthig gehabt, zu sterben.“ | “I know, those fools! Ali’s voice was tearful and angry. “There are so many watermelons, and not a single one of all those soldiers would have needed to die.” |
„Aber Ali, wie kommst du zu dieser Meinung?“ | “But Ali, what makes you think that?” |
„Das ist keine Meinung, das ist eine Thatsache Kennst du den alten grauköpfigen Neger? Der hat schon eine Menge von unseren Freunden geheilt; das hat meine Mutter selbst mit angesehen und ich auch. Man braucht nur eine oder zwei Scheiben Wassermelone zu essen, und man ist kuriert, einerlei ob die Krankheit alt oder neu ist.“ | “It’s not an opinion, it’s a fact Do you know the old gray-headed Zulu? He’s cured a lot of our friends; my mother has seen it herself and so have I. You only have to eat one or two slices of watermelon and you’re cured, whether the disease is old or new.” |
„Komisch, so etwas. Aber wenn es wirklich so ist. so sollte man's dem Sultan doch sagen.“ | “Strange, that sort of thing. But if that’s really the case, you should tell the Sultan.” |
„Natürlich, und meine Mutter hat's auch anderen Leuten gesagt, in der Hoffnung, sie könnten es ihm sagen. Aber es sind alles arme Leute, und sie wissen nicht, wie sie es anfangen sollen. damit es der Sultan erfährt.“ | “Of course, and my mother has also told other people in the hope that they might tell him. But they’re all poor people and they don’t know how to start so that the Sultan finds out.” |
„Das ist klar, daß es diese Dummköpfe nicht wissen.“ sagte Achmet verächtlich. „Ich will es ihm sagen.“ | “It’s clear that these fools don’t know,” Achmet said contemptuously. “I will tell him.” |
„Du? du Mistfink?!“ Und dies mal mußte Ali lachen. Aber Achmet erwiderte mit Ueberzeugung: | “You? You muckraker?!” And this time Ali had to laugh. But Achmet replied with conviction: |
„Lache du nur; ich thu's.“ | “Just go ahead and laugh; I’ll do it.” |
Das klang so sicher, daß es Eindruck auf Ali machte und dieser frug: | That sounded so certain that it made an impression on Ali and he asked: |
„Kennst du den Sultan?“ | “Do you know the Sultan?” |
„Ob ich ihn kenne? Wie du wieder redest! Ich kenne ihn freilich nicht.“ | “Do I know him? How you are talking again! I certainly don’t know him.” |
„Dann sage mir bloß, wie du es dem Sultan sagen willst?“ | “Then just tell me how you’re going to tell him?” |
„Das ist sehr leicht und einfach. Wie würdest du es denn anfangen?“ | “That’s very easy and simple. How would you do it?” |
„Ich ginge in den Basar und ließe mir von einem Schreiber einen Brief schreiben. Den würde ich ihm schicken. Merkwürdig, daß ich bis jetzt nicht daran dachte. Ich wette, so willst du es auch machen.“ | “I would go to the bazaar and have a scribe write me a letter. I would send it to him. Strange that I didn’t think of it until now. I bet that’s what you want to do.” |
„Ich wette das Gegentheil. Jeder Narr im ganzen Reich macht es ebenso. Hast du denn daran gar nicht gedacht?“ | “I bet the opposite. Every fool in the whole kingdom does the same. Haven’t you thought of that?” |
„Wirklich nicht,“ sagte Ali beschämt. | “I haven’t, really.” said Ali, ashamed. |
„Du hättest daran denken können, wenn du nicht so jung und unerfahren wärest. Weißt du, wenn irgend ein gewöhnlicher Pascha, oder ein Dichter, oder der Hofkoch oder sonstwer, der ein bißchen bekannt ist, krank wird, so empfehlen alle Narren ihre „unfehlbaren“ Quacksalbereien zur Anwendung. Und wenn es sich nun gar um den Sultan selber handelt …“ | “You might have thought of that if you were not so young and inexperienced. You know, when some common pasha, or a poet, or the court cook, or anyone else who is a little known, falls ill, all fools recommend their “infallible” quackery for use. And if it’s even the sultan himself …” |
„So machen sie es natürlich noch ärger,“ sagte Ali etwas verlegen. | “Of course, it would be even worse then,” said Ali, somewhat embarrassed. |
„Selbstverständlich! Glaube mir, Ali: jede Nacht führen wir fünf, sechs Karren voll solcher Briefe aus dem Hinterhofe des Palastes fort. Achtzig tausend Briefe in einer Nacht! Glaubst du denn, daß die überhaupt gelesen werden? Bah! Kein einziger! Mit deinem Brief würde es gerade so gehen. Aber es führt mehr als ein Weg nach Mekka, und den zu des Sultans Ohren kenne ich, verlaß dich drauf.“ | “Of course! Believe me, Ali: every night we carry away five or six carts full of such letters from the backyard of the palace. Eighty thousand letters in one night! Do you think they will even be read? Bah! Not a single one! It would be just the same with your letter. But there’s more than one way to Mecca, and I know the one to the Sultan’s ears, you can count on it.” |
„Aber so sage mir nur. wie du es angreifen wirst,“ bat Ali. | “But just tell me how you’re going to do it,” Ali asked. |
Achmet fühlte sich und hub an: | Achmet started: |
„Kennst du den zerlumpten alten Kerl, der sich einbildet, ein Schlächter zu sein, weil er mit einem Korb herumläuft und Katzenfleisch und halbverfaulte Lebern verkauft? Dem werde ich es zunächst sagen.“ | “You know that ragged old guy who imagines he’s a butcher because he walks around with a basket selling cat meat and half-rotten livers? I’ll tell him first.” |
Ali war schwer enttäuscht und ärgerlich. | Ali was very disappointed and angry. |
„Das ist eine Schande, so zu mir zu reden. Achmet; das ist nicht schön von dir. Du weißt doch, daß mir die Sache am Herzen liegt.“ | “It’s a disgrace to talk to me like that. Achmet, that’s not nice of you. You know that the matter is close to my heart.” |
Achmet gab ihm einen liebevollen Klaps. „Du brauchst dich nicht aufzuregen, Ali. Ich weiß, was ich will; du wirst es schon sehen. Dieser Katzenfleischhändler wird es. wenn ich ihn darum bitte, dem alten Krüppel erzählen, der an der Straßenecke Pfannkuchen verkauft; das ist sein bester Freund. Der wiederum wird es seinem reichen Onkel sagen, der im Basar mit Früchten handelt, und der wieder seinem Busenfreund, dem Hammelschlächter. Und der erzählt es seinem Freund von der Leibwache, und der seinem Hauptmann, und der dem Muezzin ; dieser erzählt es dem Kadi, der Kadi dem Mudir, der Mudir dem Oberst von der Leibwache, der läuft zu seinem Freund, dem … | Achmet gave him a loving pat. “You don’t need to get upset, Ali. I know what I’m doing; you’ll see. If I ask him to, this cat meat dealer will tell the old cripple who sells pancakes on the street corner; that’s his best friend. He in turn will tell his rich uncle who deals in fruit in the bazaar, and he in turn will tell his bosom friend, the mutton butcher. And he tells his friend the guard, and he tells his captain, and he tells the muezzin; he again tells the qadi, the qadi tells the mudir, the mudir tells the colonel of the guard, who runs to his friend, the … |
„Bei Mohammed, das ist ein wundervoller Plan, Achmet. Wie kamst du nur auf …“ | “By Mohammed, that’s a wonderful plan, Achmet. How did you come up with…” |
„… Kontreadmiral und der Kontreadmiral erzählt es dem Vizeadmiral, und der Vizeadmiral dem Admiral der Ruderflotte, und der sagt's dem Admiral der Segelflotte, und dieser dem Oberadmiral beider Flotten, und der dem Wesir, und der Wesir dem …“ | “... the counter admiral and the counter admiral tells the vice admiral, and the vice admiral tells the admiral of the rowing fleet, and he tells the admiral of the sailing fleet, and he tells the chief admiral of both fleets, and he tells the vizier, and the vizier tells the ...” |
„Weiter, Achmet, weiter!“ | “Keep going, Achmet, keep going!” |
„... Scharfrichter, und der erzählt es dem Oberscharfrichter, und der dem Pascha, und der Pascha dem Mufti, und der Mufti dem Hofjagdmeister, und der Hofjagdmeister sagt es dem Hofmarschall, der Hofmarschall dem Oberstallmeister, der Oberstallmeister dem Oberküchenmeister, dieser erzählt es dem Zeremonienmeister des Harems, der dem Obereunuchen, und der Obereunuch sagt es dem kleinen jungen Lieblingssklaven des Sultans, der ihm die Fliegen vom Gesicht fächelt. und der wird vor dem Sultan niederknieen und es ihm zuflüstern und das Spiel ist gewonnen.“ | “... The executioner, who tells the chief executioner, who tells the pasha, who tells the pasha, who tells the mufti, who tells the court huntsman, who tells the court marshal, who tells the stable master, who tells the chief eunuch, who tells the sultan’s favorite young slave, who fans the flies off the sultans face. And the young boy will kneel before the sultan and whisper it to him and the game is won.” |
Ali war aufgesprungen. | Ali had jumped up. |
„Das ist die größte Idee, die je ein Weiser hatte. Wie kamst du nur dar auf?“ | “That’s the greatest idea a wise man has ever had. How did you come up with it?” |
„Setze dich hier neben mich, und höre mir zu; ich will dir ein Körnlein Weisheit schenken, behalte es, so lange du lebst. Nun denn: wer ist dein bester Freund, dem du nie im Leben etwas abschlagen möchtest und könntest?“ | “Sit here beside me and listen to me; I will give you a grain of wisdom, keep it as long as you live. Now then, who is your best friend, to whom you would never in your life refuse anything?” |
„Der bist du. Achmet, das weißt du.“ | “That’s you. Achmet, you know that.” |
„Angenommen, du hättest eine ziemlich große Gefälligkeit von dem Katzenfleischhändler zu erbitten. Nun kennst du ihn aber nicht, und er würde dir die Pest wünschen, wenn du ihn bitten wolltest, denn er ist nun mal so ein Kauz. Aber er ist mein bester Freund nach dir und würde sich die Beine ablaufen, um mir einen Gefallen zu erweisen ... jeden Gefallen, ganz einerlei welchen. Jetzt frage ich dich: Was ist vernünftiger: wenn du zu ihm gehst und ihn bittest, er solle dem Pfannkuchenmann von der Melonenkur erzählen, oder wenn du zu mir kommst, damit ich ihn für dich bitte?“ | “Suppose you had a pretty big favor to ask of the cat meat dealer. Now you don’t know him, and he’d wish the plague on you if you tried to ask him, because he’s stange like that. But he’s my best friend after you and would run his legs off to do me a favor ... Any favor, any favor at all. Now I ask you: Which is more reasonable: if you go to him and ask him to tell the pancake seller about the melon cure, or if you come to me so I can ask him for you?” |
„Natürlich wenn ich zu dir gehe, da mit du es für mich thust. Ich hätte wirklich nie daran gedacht. Achmet; es ist großartig!“ | “To go to you ,of course, since you’re doing it for me. I really would never have thought of it. Achmet; it’s great!” |
„Es ist eine Lebensweisheit. Sie beruht darauf: Jedermann auf dieser Welt, groß oder klein, mächtig oder nicht, hat einen besonderen Freund, einen Freund, dem er mit Vergnügen behilflich ist ... nicht mit Widerwillen, sondern mit Vergnügen. Und so, ganz einerlei von wo du ausgehst, kannst du bei jedem Gehör finden, stehe er noch so hoch und du noch so niedrig. Es ist ja so einfach: du brauchst nur den ersten Freund zu finden, das ist alles; damit ist dein Theil an der Arbeit schon geleistet. Er findet dann den nächsten Freund schon von selbst, und dieser findet den dritten, und so fort. Freund nach Freund, Glied nach Glied wie bei einer Kette. Diese führt dich hinauf oder hinunter, so hoch, wie du willst, oder so tief, wie du willst.“ | “It is a wisdom of life. It is based on this: everyone in this world, great or small, powerful or not, has a special friend, a friend whom he is happy to help ... not with reluctance, but with pleasure. And so, no matter where you start from, you can find a way to reach everyone, no matter how high they are and how low you are. It’s so simple: you only need to find the first friend, that’s all; your part in the work is already done. He will then find the next friend by himself, and he will find the third, and so on. Friend after friend, link after link, like a chain. It leads you up or down, as high as you want or as low as you want.” |
„Das ist herrlich, Achmet!" | “That’s wonderful, Achmet!” |
„Es ist so leicht und einfach, wie einen Esel zu prügeln; aber hast du je gehört. daß jemand danach gehandelt hätte? Nein; alle sind Narren. Sie gehen zu einem Fremden, ohne irgend welche Einführung, oder schicken ihm einen Brief, und erreichen natürlich nichts, und das geschieht ihnen gerade recht. Der Sultan kennt mich nicht, aber das verschlägt mir nichts. Morgen wird er seine Wassermelone essen; du wirst es sehen ... Hallo! Halt! Es ist ja der Katzenfleischhändler, ich will ihn einholen. Allah beschütze dich, Ali!“ | “It’s as easy and simple as beating a donkey; but have you ever heard of anyone doing it? No; they are all fools. They go to a stranger without any introduction, or send him a letter, and of course accomplish nothing, and that serves them right. The Sultan doesn’t know me, but that doesn’t bother me. Tomorrow he’ll eat his watermelon; you’ll see ... Hello! Stop! It’s the cat meat dealer, I want to catch up with him. Allah protect you, Ali!” |
Achmet holte den Händler ein und sagte: „Bitte, willst du mir einen Gefallen thun?“ | Achmet caught up with the merchant and said, “Please, will you do me a favor?” |
„Habe ich es jemals nicht gethan, wenn du mich darum batest? Sage mir, was ich thun soll, und ich werde eilen, wie der Wind.“ | “Have I ever not done it when you asked me to? Tell me what to do and I will hurry like the wind.” |
„Geh' zu dem Pfannkuchenverkäufer. Er soll alles stehen und liegen lassen und seinem besten Freund mittheilen, daß der Sultan geheilt werden kann, wenn er zwei Scheiben einer reifen Wassermelone ißt. Und dieser Freund soll es seinem besten Freund weitersagen und so fort, bis zum Sultan.“ Der Katzenfleischhändler flog davon. | “Go to the pancake seller. Tell him to drop everything and tell his best friend that the Sultan can be cured if he eats two slices of ripe watermelon. And this friend should tell his best friend and so on, all the way to the sultan.” The cat meat dealer hurried off. |
In diesem Augenblick war die frohe Botschaft des kleinen Kesselflickers an den Sultan unterwegs. | At that moment, the little tinker’s good news was on its way to the Sultan. |
Um Mitternacht des nächsten Tages saßen die Aerzte im Krankenzimmer des Sultans und flüsterten leise mit einander, denn sie waren in großer Noth, da es um den Sultan sehr schlimm stand. Sie konnten es sich nicht verhehlen, daß, so oft sie ihn mit einer neuen Gabe Arznei auffüllten, sein Zustand immer bedenklicher wurde. Das machte sie traurig, denn sie hatten das erwartet. Der arme abgezehrte Sultan lag bewußtlos da mit geschlossenen Augen, und sein Lieblingssklave, der ihm die Mücken fort wedelte, weinte still vor sich hin. | At midnight the next day, the doctors were sitting in the Sultan’s sickroom, whispering quietly to each other, for they were in great distress, as the Sultan was in a very bad condition. They could not ignore the fact that as often as they gave him a new dose of medicine, his state became more and more alarming. This made them sad, for they had expected it. The poor emaciated sultan lay unconscious with his eyes closed, and his favorite slave, who swatted away his mosquitoes, wept silently to himself. |
Da hörte der Knabe einen seidenen Vorhang hinter sich rauschen, drehte sich um und gewahrte den Obereunuchen, der ihm aufgeregt winkte, zu ihm zu kommen. Geräuschlos auf den Zehen spitzen schlich der Sklave zu seinem geliebten Freund, welcher sagte: | Then the boy heard a silk curtain rustle behind him, turned around and saw the head eunuch, who excitedly beckoned him to come to him. Silently on his toes, the slave crept to his beloved friend, who said: |
„Nur du kannst ihn überreden, mein Kind, denn du bist des Sultans Liebling. Nimm dies hier. Wenn es der Sultan ißt, so ist er gerettet.“ | “Only you can persuade him, my child, because you are the Sultan’s favorite. Take this here. If the Sultan eats it, he will be saved.” |
„Bei Allah, er wird es essen.“ | “By Allah, he will eat it.” |
Es waren zwei große Scheiben röthlicher Wassermelone, frisch und saftig. | It were two large slices of reddish watermelon, fresh and juicy. |
Durch das ganze Reich flog am nächsten Morgen die Nachricht, daß der Sultan wieder wohl und gesund sei, und die Köpfe seiner Aerzte die Zinnen seines Palastes schmückten. Eine Freudenwoge wälzte sich über das ganze Land, und man rüstete sich zu einem großen Jubelfest. | By next morning, the news spread through the entire empire that the Sultan was well and healthy again, and the heads of his doctors adorned the battlements of his palace. A wave of joy rolled over the whole country, and the people prepared for a great celebration. |
Nach dem Frühstück saß der Herrscher auf seinem Diwan und überlegte. Seine Dankbarkeit war unaussprechlich, und er sann über ein Geschenk nach, das reich genug wäre, seinem Wohlthäter seine Dankbarkeit darzuthun. Er rief seinen kleinen Sklaven und fragte ihn. ob er die Kur erfunden hätte. Der Knabe sagte, nein, er hätte sie vom Obereunuchen erfahren. Der Sklave wurde weggeschickt, und der Sultan überlegte wieder. Er würde dem Obereunuchen den Palast und die Ländereien eines Paschas schenken, der in Ungnade gefallen war, sowie ihm dessen jährliches Einkommen anweisen. Er ließ ihn rufen und fragte ihn, ob er der Erfinder des Heilmittels sei. Aber der Oberennnch war ein ehrlicher Mann und sagte, er hätte es vom Zeremonienmeister des Harems erfahren. Er würde weggeschickt, und der Sultan überlegte von neuem. Er könnte den Obereunuchen absetzen und den Zeremonienmeister an seine Stelle setzen. Dazu sollte er vier Pferde aus seinem Stall zum Geschenk bekommen. Er wurde aber vom Zeremonienmeister an den Oberküchenmeister verwiesen. Abermals überlegte der Sultan und dachte sich ein geringeres Geschenk aus. Der Koch aber verwies ihn an den Oberstallmeister und dieser an den Hofmarschall, und jedesmal mußte der arme Sultan wieder überlegen und sich ein kleineres Geschenk ausdenken. | After breakfast, the ruler sat on his divan and pondered. His gratitude was inexpressible, and he pondered over a gift that would be worthy enough to show his gratitude to his benefactor. He called his little slave and asked him if he had invented the cure. The boy said no, he had learned it from the head eunuch. The slave was sent away and the sultan thought again. He would give the head eunuch the palace and the lands of a pasha who had fallen out of favor, as well as the man’s annual income. He sent for the head eunuch and asked him if he was the inventor of the cure. But the man was an honest person and said he had been told by the master of ceremonies of the harem. He was sent away and the Sultan thought again. He could dismiss the head eunuch and put the master of ceremonies in his place. He would receive four horses from the sultan’s stables as a gift. However, the master of ceremonies referred him to the head cook. The sultan thought again and came up with a lesser gift. The cook, however, referred him to the stable master and the latter to the court marshal, and each time the poor sultan had to think again and come up with a smaller gift. |
Das war ihm jedoch zu langweilig, und um die Sache zu beschleunigen, ließ er einen hohen Geheimen Oberdetektive kommen und befahl ihm. herauszufinden, wer die Melonenkur erfunden hätte, damit er seinen Wohlthäter nach Gebühr belohnen könne. | However, this soon became boring to him, and in order to speed things up, he sent for the Grand High Chief Detective and ordered him to find out who had invented the melon cure so that he could reward his benefactor accordingly. |
Um neun Uhr Abends kam der Detektive wieder. Er hatte der ganzen langen Kette von Freunden nachgespürt bis hinunter zu einem kleinen Burschen Namens Ali. einem Kesselflicker. Der Sultan sagte mit tiefem Gefühl: | The detective returned at nine o’clock in the evening. He had traced the whole long chain of friends down to a little fellow named Ali, a tinker. The Sultan said with deep emotion: |
„Ein braver Junge! Er hat mir das Leben gerettet und soll es nicht bereuen.“ Und er schickte ihm ein Paar seiner eigenen Schuhe, und zwar das zweit beste Paar, das er besaß. Sie waren zu groß für den kleinen Ali; aber dem grauköpfigen Neger paßten sie gerade, und so war alles gut und der rechte Mann belohnt. | “A good boy! He saved my life and I don’t want him to regret it.” And he sent him a pair of his own shoes, the second best pair he had. They were too big for little Ali, but they fitted the gray-headed Zulu just right, and so all was well and the right man was rewarded. |
Schluß der ersten Erzählung. | Conclusion of the first tale. |
„Nun, haben Sie die Idee ergriffen?“ | “Well, have you grasped the idea?” |
„Zu meiner Freude kann ich Sie dessen versichern. Und so, wie Sie sagten, wird es geschehen: morgen werde ich die Sache meines Freundes durchführen. Ich bin eng befreundet mit des Generaldirektors bestem Freund. Der wird mir einige Zeilen zur Einführung schreiben und betonen, daß die Erfindung thatsächlich für die Regierung von Wichtigkeit ist. Diese Empfehlung werde ich mit meiner Visitenkarte ganz einfach abgeben, und ich brauche sicher keine halbe Minute im Vorzimmer zu warten.“ Dies bestätigte sich, und die Regierung nahm die Stiefelerfindung an. | “I am happy to assure you that I have. And just as you said, it will happen: tomorrow I will finish this matter for my friend. I am a close friend of the Director-General’s best friend. He will write me a few lines of introduction and emphasize that the invention is indeed important for the government. I will simply send this recommendation with my business card. And I certainly won’t have to wait half a minute in the anteroom.” This guess was confirmed and the government accepted the new boot invention. |