Schnurren von Mark Twain | 05 June 1910
Der Deutsche correspondent. [volume] (Baltimore, Md.), 05 June 1910. Chronicling America: Historic American Newspapers. Lib. of Congress. <https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn83045081/1910-06-05/ed-1/seq-7/>
Transcription | English Translation |
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Schnurren von Mark Twain | Anecdotes by/about Mark Twain |
Wahrheit und Dichtung aus dem Leben des verstorbenen Humoristen. | Truth and fiction from the life of the late humorist. |
Sein glänzender Witz war unleugbar mit stark ausgeprägtem Erwerbssinn gepaart. | His brilliant wit was undeniably coupled with a strong sense of business. |
An seinem 72. Geburtstage verkündete Mark Twain: „Als ich 70 Jahre alt wurde, erklärte ich bei einem Bankett, dass ich mit meinem Alter zufrieden wäre und mir nichts daran läge, hundert Jahre alt zu werden. Seitdem habe ich jedoch das Alter schätzen gelernt, und ich beabsichtige, jetzt hundert Jahre alt oder, noch älter zu werden.“ Freund Hein, der keinen Sinn für Humor hat, hat den Wunsch des amerikanische Humoristen unberücksichtigt gelassen und ihn jetzt mit rauher Hand seinem Schaffenskreise für immer entrissen. Aber der Name Mark Twain wird noch lange in der Erinnerung fortleben, denn „Sam“ Clemens gehörte zu den populärsten Gestalten in den Vereinigten Staaten und es verging kaum ein Tag, an dem der Name des greisen Humoristen nicht in der einen oder der anderen Zeitung genannt wurde. Für die amerikanischen Berichterstatter war Mark Twain ein ständiger „Stern“ geworden. Die Anekdoten über Mark Twain sind daher Legion. Einige derselben seien hier wiedergegeben. | On his 72nd birthday, Mark Twain proclaimed: “When I turned 70, I declared at a banquet that I was satisfied with my age and had no desire to live to be a hundred. Since then, however, I have learned to appreciate old age, and I now intend to live to be a hundred, or even older.” Death however, who has no sense of humor, has disregarded the American humorist's wish and has now with a rough hand snatched him from his sphere of creation forever. But the name Mark Twain will live on in our memories for a long time to come, because “Sam” Clemens was one of the most popular figures in the United States and hardly a day went by without the name of the aged humorist being mentioned in one newspaper or another. For American reporters, Mark Twain had become a permanent “star”. The anecdotes about Mark Twain are therefore legion. Some of them are recounted here. |
Mark Twain war bekanntlich auch einmal unter die Verleger gegangen und hatte sich mit dem Verlage von Charles L. Webster & Co. assoziirt. Die Geschichte endete jedoch mit einem großen Krach, der Mark Twain sein Vermögen einbüßen ließ. Mark Twain stand damals der Dichter und Diplomat Rollin M. Dagget aus Nevada als Berather zur Seite, der ein Buch über Hawai [sic] verfaßt und den König Kalakaua zu bewegen gewußt halte, das Vorwort zu schreiben. Mark Twain war Feuer und Flamme für das Buch und verlegte es sofort. Er ließ sogar alle seine Agenten den Vertrieb von Grant's Memoire einstellen und befahl ihnen, sich nur für das Buch mit dem Vorwort der hawaischen Majestät ins Zeug zu legen. Die Amerikaner hatten jedoch keinen Sinn dafür, so dass das Buch ein glänzendes Fiasko erlebte. Mark Twain war ärgerlich. Er gerieth aber in eine gelinde Wuth, als er erfuhr, dass Dagget dem Könige eine - Privatyacht als Honorar für das Vorwort in Aussicht gestellt und Kalakaua den Verlag bereits „gemahnt“ hatte. Da der Bankerott schon vor der Twain'schen Thür stand, war an die Lieferung der Yacht nicht mehr zu denken. Schließlich kamen Dagget und Twain auf den Gedanken, Kalakaua zu einem kleinen Poker einzuladen. Das Resultat war, dass der König die Yacht, die noch gar nicht gebaut war, verlor und Mark Twain seine Verpflichtung los war. | Mark Twain is known to have once been a publisher and associated himself with the publishing house of Charles L. Webster & Co. However, the story ended in a big mess that caused Mark Twain to lose his fortune. Back then Mark Twain was supported by the poet and diplomat Rollin M. Dagget from Nevada, who had written a book about Hawaii and had managed to persuade King Kalakaua to write the foreword. Mark Twain was enthusiastic about the book and published it immediately. He even had all his agents stop distributing Grant's Memoir and ordered them to focus only on selling the book with the foreword by the Hawaiian majesty. However, the Americans had no stomach for it and the book was a resounding fiasco. Mark Twain was annoyed. But he became mildly furious when he learned that Dagget had promised the king a private yacht as a fee for the foreword and that Kalakaua had already sent a “reprimand” to the publisher. Since the bankruptcy was already at Twain's door, there was no longer any question of delivering the yacht. Finally, Dagget and Twain came up with the idea of inviting Kalakaua to a little poker game. The result was that the king lost the yacht, which had not even been built yet, and Mark Twain was relieved of his obligation. |
Mark Twain betrat einmal den Buchladen von Swanson in New York und erkundigte sich nach dem Preise eines gewisse Buches. Der Preis war vier Dollars. „Schön,“ erwiderte Twain, „aber ich bin Journalist, bekomme ich da nicht einen Rabatt?“ - „Selbstverständlich,“ lautete die Antwort - „Außerdem bin ich Schriftsteller, erhalte ich dafür auch Rabatt?“ - „Gewiß,“ erwiderte der Buchhändler. - „Na, und dann bin ich auch Aktionär dieses Hauses, also kann ich wohl auch dafür Rabatt beanspruchen,“ fuhr Twain fort. - „Gewiß,“ bestätigte der junge Mann. - „Und damit Sie's wissen, ich bin Mark Twain, und dieser Umstand sollte mir auch einen Rabatt verschaffen.“ - „Selbstverständlich, Mr. Twain.“ - „Na, wie viel kostet mir dann das Buch?“ - „Gar nichts, Mr. Twain,“ erwiwiderte [sic] der Verkäufer. „Im Gegentheil, wir schulden Ihnen noch 80 Cents.“ | Mark Twain once entered Swanson's bookstore in New York and inquired about the price of a certain book. The price was four dollars. “Fine,” Twain replied, “but I'm a journalist, don't I get a discount?” - “Of course,” was the reply - “Besides, I'm a writer, do I get a discount for that too?” - “Of course,” replied the bookseller. - “Well, and then I'm also a shareholder in this house, so I suppose I can claim a discount for that too,” Twain continued. - “Certainly,” the young man confirmed. - “And just so you know, I'm Mark Twain, and that fact should also get me a discount.” - “Of course, Mr. Twain.” - “Well, how much will the book cost me then?” - “Nothing at all, Mr. Twain,” replied the salesman. “On the contrary, we still owe you 80 cents.” |
Einmal versicherte Mark Twain in Oklahoma ein Musterhotel entdeckt zu haben. Zur Bestätigung seiner Behauptung gab er den Inhalt der Inschriften wieder, die als Ankündigung für die Gäste in allen Zimmern hingen: „Die Reisenden, die sich schlafe legen, ohne ihre Stiefel auszuziehen, haben einen besonderen Zuschlag zu entrichten.“ - „Drei Schläge an die Zimmerthür bedeuten, dass im Hotel ein Mord begangen ist.“ - „Es ist verboten, die Ziegelsteine aus den Matratzen mitzunehmen.“ - „Falls es in's Zimmer regnet, so bittet man, sich der unter dem Bett bereitliegende Regenschirme zu bedienen.“ - „Falls Zufällig Mangel an Servietten herrscht, bitte sich an den Tischtuchdecken abzuwischen.“ | Mark Twain once claimed to have discovered a model hotel in Oklahoma. To confirm his claim, he reproduced the content of the sings that hung in all the rooms as announcements to the guests: “Travelers who go to bed without taking off their boots will have to pay a special surcharge.” - “Three knocks on the door mean that a murder has been committed in the hotel.” - “It is forbidden to take the bricks out of the mattresses.” - “If it rains in the room, please use the umbrellas provided under the bed.” - “If there happens to be a shortage of napkins, please wipe your hands on the tablecloths.” |
Andrew Chatto vom Verlagshaus Chatto & Windus, das die englische Ausgabe der Werke Mark Twain's besorgte, hatte diesem geschrieben, dass die Einkommensteuer fällig sei, und ersuchte ihn um die Ermächtigung zur Auszahlung der betreffenden Summe an die Behörde von Sommersethoun [?]. In einem längeren Briefe erklärte Mark Twain, die britische Regierung sei schon früher einmal in einen Krieg mit Amerika verwickelt worden, als sie von den amerikanischen Bürgern Steuern einforderte. Sein Wunsch sei jedoch nicht, die beiden Staaten nochmals in einen blutigen Kampf zu verwickeln. Außerdem sei er mit dem Prinzen von Wales bekannt, der sich ohne Zweifel noch seiner erinnere. Einmal sei er am Strand auf dem Verdeck eines Omnibusses an dem Prinzen vorbeigefahren, der an der Spitze eines Zuges ritt. Der Prinz müsse sich auch noch seiner erinnern, denn er - Mark Twain - habe den Vordersitz inne gehabt und eine grauen Ueberzieher mit schwarzen Knöpfen getragen. Einige Jahre, nachdem dieser Brief von „Harpers Monthly“ veröffentlicht worden war, traf es sich, daß Mark Twain Homburg zur Zeit besuchte, als sich der Prinz von Wales dort zur Kur aufhielt. Als Mark Twain dem Prinzen vorgestellt wurde, bemerkte dieser: „Sie haben sich nicht sehr verändert. Herr Clemens.“ - „Verändert?“ entgegnete Mark Twain überrascht. „Sie haben mich ja nie zuvor gesehen.“ - „Ja, freilich, erinnern Sie sich denn nicht? Sie saßen oben auf dem Omnibus und trugen eine grauen Ueberzieher. Und ich ritt an der Spitze eines Umzuges am Strand“ | Andrew Chatto of the publishing house Chatto & Windus, which provided the English edition of Mark Twain's works, had written to Twain that the income tax was due and asked him to authorize payment of the sum in question to the Sommersethoun [?] authorities. In a lengthy letter, Mark Twain explained that the British government had been involved in a war with America before when it demanded taxes from American citizens. His wish, however, was not to involve the two countries in a bloody battle again. He was also acquainted with the Prince of Wales, who no doubt still remembered him. He had once on the Strand - on the top of an omnibus - passed the prince, who was riding at the head of a parade. The prince must also remember him, because he - Mark Twain - was in the front seat and wore a gray overcoat with black buttons. Some years after this letter was published by Harpers Monthly, Mark Twain happened to visit Homburg at the time when the Prince of Wales was staying there for a cure. When Mark Twain was introduced, the prince remarked: “You haven't changed much. Mr. Clemens.” - “Changed?” replied Mark Twain in surprise. “You've never seen me before.” - “Yes, of course I have, don't you remember? You were sitting on top of the omnibus wearing a gray overcoat. And I was riding at the head of a parade on the Strand.” |
Mark Twain wurde auf seiner letzten Europareise auch im Schlosse zu Windsor von dem englische Königspaar empfangen. Bei dieser Gelegenheit erzählte er, dass er an dem Tage, an dem er der Gast des amerikanischen Botschafters gewesen sei, 500 Dollars dadurch gespart oder vielmehr verdient habe, daß der Gastgeber ihn hinderte, eine Rede zu halten. „Denn,“ sagte er, „wenn ich diese Rede gehalten hätte, würden sämmtliche amerikanischen Blätter sie sofort abgedruckt haben, und ich könnte dieselben Gedanken dann nicht mehr für einen Artikel in der „North American Review“ verwenden, die mir 500 Dollars für eine Seite zahlt. Sie sehen, Majestät, daß das Sprichwort recht hat: Schweigen ist Gold!“ | On his last trip to Europe, Mark Twain was also received at Windsor Castle by the English King and Queen. On this occasion, he said that - visiting the American ambassador - he had once saved, or rather earned, 500 dollars by the host preventing him from making a speech. “Because,” he said, “if I had made that speech, all the American papers would have printed it at once, and I could not then have used the same thoughts for an article in the North American Review, which pays me 500 dollars for a page. You see, Your Majesty, that the proverb is right: Silence is golden!” |
Mark Twain weilte einmal als Gast im Kreise einer Anzahl von Trustmagnaten und erzählte so drollige Geschichten, dass seine Zuhörer Thränen lachten. Ein Petroleumfürst erklärte schließlich: „Nein, so etwas Komisches habe ich noch nicht gehört,“ und griff in die Tasche, um sein Taschentuch hervorzuziehen „Oho,“ entgegnete Mark Twain, „es giebt noch etwas viel Komischeres: nämlich, wenn man sieht, dass ein Petroleumkönig seine Hand in die eigene Tasche steckt.“ | Mark Twain was once a guest in the circle of a number of trust magnates and told such droll stories that his listeners were laughing tears. A petrol baron finally declared: “No, I've never heard anything so funny,” and reached into his pocket to pull out his handkerchief. “Oho,” Mark Twain replied, “there's something even funnier: namely, when you see a petrol baron put his hand in his own pocket.” |
An Andrew Carnegie soll Mark Twain einmal den folgende Brief geschrieben haben: | Mark Twain is said to have once written the following letter to Andrew Carnegie: |
„Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie sehr reich sein sollen. Da ich mir nun schon seit Langem ein Gesangbuch wünsche, das Buch aber anderthalb Dollars kostet und ich diesen Preis nicht erschwingen kann, so bitte ich Sie, mir ein Gesangbuch zu schicken, wofür Ihnen die ewige Seligkeit gewiß sein wird. Ihr sehr ergebener Mark Twain. P. S. Schicken Sie mir das Gesangbuch lieber nicht, sondern die anderthalb Dollars!“ | “I have heard that you are very rich. As I have long wished for a hymn-book, but the book costs a dollar and a half, and I cannot afford the price, I beg you to send me a hymn-book, for which you will be assured of eternal salvation. Your very devoted Mark Twain. P. S. You had better not send me the hymn-book itself, but the dollar and a half!” |
Zum Schluß sei hier die Episode erzählt, wie Samuel Langhorne Clemens zu seinem Pseudonym „Mark Twain“ kam. Der junge Clemens hatte sich entschlossen, Lotse zu werden und lernte auf dem zwischen St. Louis und New Orleans verkehrenden Dampfer „John J. Roe“ seinen neuen Beruf. In seinen freien Stunden befaßte er sich mit der Abfassung kleinerer Erzählungen und Skizzen aus dem Flußleben. Unter Anderen, schrieb er auch eine Skizze über den Kapitän des Dampfers, die für den St. Louis „Republica“ bestimmt war. Der junge Lotse las die Skizze seinen Schiffskameraden vor, worauf der erste Offizier John Morris ihn fragte, unter welchem Namen er die Arbeit veröffentlichen wollte. Als in diesem Augenblick der mit dem Senkblei beschäftigte Matrose meldete: „Mark twain!“ (mark two = zwei Faden), rief „Sam“ Clemens: „That's it, ich zeichne Mark Twain!“ Und unter diesem Namen ist er dann berühmt und weltbekannt geworden. | Finally, let us relate the episode of how Samuel Langhorne Clemens came to use the pseudonym “Mark Twain”. The young Clemens had decided to become a pilot and learned his new profession on the steamer “John J. Roe”, which sailed between St. Louis and New Orleans. In his free hours Clemens occupied himself with writing short stories and sketches of life on the river. Among other things, he also wrote a sketch about the captain of the steamer, which was intended for the St. Louis “Republica”. The young pilot read the sketch to his shipmates, whereupon the first officer John Morris asked him under which name he wanted to publish the work. At that moment, the sailor working with the sinker announced: “Mark twain!” (mark two = two fathoms), “Sam” Clemens shouted: “That's it, I'm signing Mark Twain!” And it was under this name that he became famous and renowned all over the world. |