Ueber einen lustigen Vorgang, der sich an Bord des Norddeutschen Lloyddampfers „Lahn“ abgespielt haben soll, wird der „Magd. Ztg.“ aus Bremerhaven berichtet: An Bord des Dampfers befand sich auch der berühmte amerikanische Humorist Mark Twain. Auf seine Anregung hin wurden zum Zweck einer Sammlung zum Besten der Seemannskasse ein sogenanntes „Mock trial“, eine humoristische Gerichtssitzung geplant, die am 11. Juli im großen Speisesaal der „Lahn" zur Ausführung gelangte. Die Rolle des Angeklagten hatte Mark Twain selbst übernommen: 12 lustige Studenten von der Universität inNew-Haven bildeten die Geschworenen. Der Angeklagte wurde gefesselt vor die Schranken geführt und des Verbrechens beschuldigt, in seinen Werken wissentlich falsche und lügenhafte Berichte über Sitten und Gebräuche fremder Nationen verbreitet zu haben. Der Angeklagte vertheidigte sich selbst und hatte dabei Gelegenheit, seinem Humor die Zügel schießen zu lassen. Am Schluß einer die Lachmuskeln der Zuhörer dauernd in Thätigkeit haltenden längeren Rede erklärte er, daß seine geistige Beschränktheit schuld an seinem Vergehen sei und bat um mildernde Umstände. Letztere wurden auch seitens der Geschworenen zugestanden; im übrigen aber war der Angeklagte für schuldig befunden. Seine Strafe sollte darin bestehen, daß der Angeklagte bis zur Landung des Dampfers in Deutschland täglich drei Stunden seine eigenen Werke lesen sollte. Von der Schwere eines solchen Urtheils erdrückt, sank der Unglückliche zu Boden und bat, lieber gehängt zu werden, als diese Qualen auszuhalten. Der Scherz hatte jedenfalls seinen guten Zweck erreicht: die Sammlung für die Seemannskasse ergab 450 Mark. | An amusing incident that is said to have taken place on board the "North German Lloyd" steamer “Lahn” is reported to the “Magd. Ztg.” from Bremerhaven: Among the passengers on board the steamer was the famous American humorist Mark Twain. At his suggestion, a so-called “mock trial”, a humorous court session, was planned to collect money for the benefit of the sailor's fund; the event was carried out on July 11 in the large dining room of the “Lahn”. The role of the defendant was played by Mark Twain himself: 12 funny students from the University of New Haven formed the jury. The defendant was led before the barricades in shackles and accused of the crime of having knowingly spread false and lying reports about customs and traditions of foreign nations in his works. The defendant represented himself and had the opportunity to let his humor run wild. At the end of a lengthy speech that kept the audience's laughing muscles in constant activity, he explained that his mental limitations were to blame for his offense and asked for extenuating circumstances. The latter were granted by the jury; in all other respects, however, the defendant was found guilty. The punishment was to consist of the defendant reading his own works for three hours a day until the steamer landed in Germany. Crushed by the severity of such a sentence, the unfortunate man sank to the ground and asked rather to be hanged than to endure this torture. In any case, the joke had achieved its good purpose: the collection for the sailor's fund raised 450 marks. |