Der Wiener Correspondent der „Times“ sagt: Die gestrige Nachtsitzung des Abgeordneténhauses des österreichischen Reichsrathes war die zügelloseste, die jemals in irgend einem Parlamente stattgefunden hat. Manche der von den Antisemiten gebrauchten Kraftausdrücke waren derartig gemein, daß sie einfach nicht wiedergegeben werden können. Die Schimpfworte, welche am häufigsten gebraucht wurden, drehten sich um den Vorwurf der Trunkenheit. Drei Viertel der Mitglieder gebärdeten sich thatsächlich, als wären sie tobsüchtig geworden und dem Tollhause entsprungen. „Lügner“, „Gemeiner Schuft“, „Versoffener Narr,“ „Ihre Großmutter wurde auf einem Misthaufen fabricirt“ und ähnliche scheußliche Ausdrücke und Anspielungen waren etwas ganz Gewöhnliches. | The Vienna Correspondent of The Times states: “Last night's session of the House of Representatives of the Austrian Reichsrath was the most unrestrained scene that has ever taken place in any parliament. Some of the expletives used by the anti-Semites were so mean that they simply cannot be reproduced. The expletives which were most frequently used revolved around the charge of drunkenness. Three-fourths of the members actually behaved as if they had become raving mad and had escaped from an asylum. “Liar,” “Mean scoundrel,” “Drunken fool,” “Your grandmother was fabricated on a dung heap,” and similar vile expressions and insinuations were quite common. |
Der bekannte russische Maler Werestchagin [Vereščagin] und der amerikanische Humorist „Mark Twain“ (Paul L. Clemens) [sic] sahen sich den Tumult von der Gallerie aus an. Der Erstere machte Skizzen von verschiedenen ganz besonders packenden Auftritten und sagte, er halte dieselben für einen guten Ersatz für Straßen- und Barrikadenkämpfe, wie sie in früheren Tagen vorgekommen seien. Mark Twain sagte, die Sitzung habe ihn an eine amerikanische Lyncherversammlung erinnert, wo Jemand wegen Pferdediebstahls bestraft wurde. „Ich glaubte immer, es sei Jemand gehängt worden,“ fügte er hinzu, „aber ich war nicht lange genug da, um mich darüber zu vergewissern.“ Den bekannten Dauerredner Dr. Lecker [sic] ersuchte er, ihn wissen zu lassen, wann er seine nächste zwölfstündige Rede halten würde. Er würde zu derselben in die Sitzung kommen und dieselbe von A bis Z anhören. Lecker [sic] faßte die Sache ganz im Ernst auf und erwiederte dem Humoristen, er hoffe, nächste Woche die Leistung zu wiederholen und es vielleicht noch besser zu machen, als das erste mal. | The well-known Russian painter Vereščagin and the American humorist “Mark Twain” (Paul L. Clemens) [sic] watched the commotion from the gallery. The former made sketches of various quite particularly gripping performances and said he considered the same to be a good substitute for street and barricade fighting as they used to occurr in the past. Mark Twain said the meeting reminded him of an American lynch mob, that had punished someone for stealing a horse. “I always thought someone had been hanged,” he added, “but I wasn't around long enough to be sure.” He asked the infamous perpetual speaker, Dr. Lecker, to let him know when he would make his next twelve-hour speech. He [Twain] would come to the meeting and listen to the whole thing. Lecker took the matter quite in earnest and replied to the humorist that he hoped to repeat the performance next week and perhaps do even better than he had the first time. |